5.4
Regenerosivität „Vermehrter Bodenabtrag durch zunehmende Regenerosivität“
Jahr19731974197519761977197819791980198119821983198419851986198719881989199019911992199319941995199619971998199920002001200220032004200520062007200820092010201120122013201420152016201720182019202020212022
R-Faktor31,162,664,625,554,749,672,885,491,877,032,788,389,259,381,362,640,457,970,976,884,472,487,777,387,4103,885,196,161,7117,876,590,380,785,8165,7106,7100,4109,389,162,272,1116,794,598,182,786,678,281,1122,371,2

Regenerosivität in NRW im Zeitraum 1973-2022 (1973-2000 Messwerte korrigiert, 2001-2022 Radardaten, Datengrundlage: Neuhaus et al. 2010 und DWD). Erklärvideo zu den Diagramm-Funktionen.

Datenstand 31.12.2022
Messgröße Regenerosivität in N/h*a
Räumliche Abdeckung Nordrhein-Westfalen (NRW)
Datenquelle Neuhaus et al. 2010, Deutscher Wetterdienst (DWD)
Fortschreibungsturnus jährlich
DPSIR-Indikator Impact

Die klimawandelbedingte Temperaturzunahme wirkt sich auf die Regenerosivität durch folgenden Zusammenhang aus: Die Temperaturzunahme begünstigt den Wasserdampfgehalt der Atmosphäre und beeinflusst so das Niederschlagspotenzial. Zusätzlich ziehen Regenschauer und Gewitter langsamer, weil sich der Polarfront-Jetstream immer weiter abschwächt und zu stationären Wetterlagen führt. In der Folge können sich regionale Niederschlagsmuster ändern und somit kann es häufiger zu intensiven Starkregenereignissen kommen (vgl. Indikator 2.4 Niederschlagsextreme, und 2.5 Starkregenereignisse).

Im Gegensatz dazu können auch lange Hitze- und Trockenperioden wie 2018 den Boden stark austrocknen und damit anfälliger für Bodenerosion machen, da Niederschläge vielfach nicht versickern können und oberflächlich abfließen. So können auch insgesamt geringere Niederschlagssummen, wie sie in den letzten 10 - 15 Jahren aufgetreten sind (Indikator 2.1 Durchschnittliche Jahresniederschlagssumme), einen Einfluss auf das Risiko für Bodenerosion haben.

Neben diesen Auswirkungen des Klimawandels gibt es noch weitere Faktoren, die sich auf die Bodenerosion auswirken und die Klimafolgen überlagern können, wie etwa die Bewirtschaftungsweise oder die allgemeine topografische Lage einer Ackerfläche. Die Ursache-Wirkungsbeziehungen können hierbei sehr komplex sein.

 

Die Regenerosivität beschreibt die erosionswirksame Kraft des Niederschlags, d. h. Bodenpartikel können durch die kinetische Energie von Regentropfen aus ihrem Verbund gelöst und entfernt werden (Elhaus et al. 2019). Je stärker und intensiver der Regen ist, desto mehr Bodenpartikel werden weggespült.

Somit stellt der Indikator Regenerosivität mit dem R-Faktor (Teil der Allgemeinen Bodenabtragsgleichung, ABAG, DIN 19708 (2005)) die direkt vom Klimawandel beeinflusste Größe der Bodenerosion dar. Die Allgemeine Bodenabtragsgleichung (ABAG) ist ein empirisches Modell zur Abschätzung des Bodenabtrags durch Wasser. Die ABAG für die Erosionsgefährdung lautet:

A=R⋅K⋅S⋅L⋅C⋅P

 

Dabei ist

A         der langjährig zu erwartende mittlere Bodenabtrag in t/(ha ⋅ a);

R         der Oberflächenabfluss- und Regenerosivitätsfaktor in N/(h ⋅ a);

K         der Faktor für die Bodenerodierbarkeit durch Wasser in (t ⋅ h)/(ha ⋅ N);

S         der Hangneigungsfaktor;

L          der Hanglängenfaktor;

C         der Bodenbedeckungs- und Bodenbearbeitungsfaktor;

P         der Faktor zur Berücksichtigung von Erosionsschutzmaßnahmen.

 

Die Zeitreihe basiert für den Zeitraum 1973-2000 auf Messwerten (Neuhaus et al. 2010) und ab 2001 auf Radardaten des Deutschen Wetterdienstes (Elhaus et al. 2019; Winterrath et al. 2017). Die Daten zur Regenerosivität stehen frei beim Deutschen Wetterdienst (DWD) zum Download zur Verfügung.

 

Literatur:

DIN 19708 (2005): Bodenbeschaffenheit – Ermittlung der Erosionsgefährdung von Böden durch Wasser mithilfe der ABAG, Normenausschuss Wasserwesen im DIN, Berlin.

Elhaus, D., Winterrath, T., Auerswald, K., Fischer, F. (2019): Klimawandel und Bodenerosion – Neue Erkenntnisse zur Regenerosivität und Konsequenzen für die Abschätzung der Erosionsgefährdung. In: Bodenschutz 24 (4), S. 136-141.

Neuhaus, P., Fiener, P., Botschek, J. (2010): Einfluss des globalen Klimawandels auf die räumliche und zeitliche Variabilität der Niederschlagserosivität in NRW. Abschlussbericht, Projekt im Auftrag des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Geographisches Institut der Universität zu Köln und Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn.  https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/klima/pdf/Abschlussbericht-Regenerosivitaet.pdf [09.07.2021]

In der aktuellen Klimanormalperiode (1991-2020) liegt der Mittelwert der Regenerosivität bei 89,9 N/h*a. Angesichts der noch relativ kurzen Zeitreihe kann es keine Vergleiche zwischen sich nicht überlappenden 30-Jahres-Zeiträumen geben. Über die gesamte Zeitreihe 1973-2021 liegt der Mittelwert der Regenerosivität bei 80,4 N/h*a.

Das Jahr 2007 sticht mit einem Wert von 166 N/h*a besonders hervor. 2007 wurde ein Jahresniederschlag von 1.128 mm erreicht und gilt somit als das dritt niederschlagsreichste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn (Indikator 2.1 Durchschnittliche Jahresniederschlagssumme). Das Jahr fällt auch bei den Starkregen basierten Indikatoren 2.3 Starkniederschlags(kenn)tage und 2.5 Starkregenereignisse auf. Das Jahr 2021 liegt mit einem Wert von 122,3 N/h*a an zweiter Stelle. Auch wenn die gesamte Niederschlagsmenge mit 841 mm unterdurchschnittlich für die Klimanormalperiode 1991-2020 war, so macht sich hier das Unwettertief "Bernd" und andere Starkregenereignisse deutlich bemerkbar. Das Tief "Bernd" verursachte im Juli 2021 katastrophale Überflutungen an Ahr, Erft und anderen Gewässern in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit zahlreichen Toten. Das Minimum der Zeitreihe wird im sehr trockenen Jahr 1976 verzeichnet. Die ebenfalls sehr bis moderat trockenen letzten drei Jahre 2018 bis 2020 hingegen weisen Werte auf, die dem Mittelwert der Zeitreihe von 80,6 N/h*a nahekommen. 2022 liegt mit 71.2 N/h*a nochmals darunter, was an dem sehr trockenen Sommer gelegen haben dürfte. Dies könnte ein weiteres Indiz dafür sein, dass die Niederschläge insgesamt einen konvektiveren Charakter bekommen: Wenn es regnet, dann regnet es intensiver. Diese Beobachtung wird auch im Indikator 2.4 Niederschlagsextreme bestätigt. Allerdings gilt auch: Wenn es ingesamt trockener wird, kann die Regenerosivität wieder zurückgehen, wie die aktuelle Trendberechnung zeigt.

 

 

1981-2010

1991-2020

1993-2022

Mittlere Regenerosivität in N/h*a

83,9

89,9

91,5

 

Für alle Indikatoren wird eine Trendberechnung und Signifikanzprüfung nach der Methode des Umweltbundesamtes, kurz "DAS-Methode" genannt, durchgeführt.

Die Trendanalyse ergibt für den Gesamtzeitraum 1973-2022 eine Trendumkehr (n-Form), in der die Regenerosivität nach einem Maximum um 2013 wieder abfält. Das Änderungssignal (Differenz zwischen Anfangs- und Endwert der Trendlinie) beträgt aber immer noch +44,2 N/h*a. Betrachtet man den Zeitraum ab 1991 (viele Indikatoren des KFAM liegen nur für einen kurzen Zeitraum vor, daher wird diese Analyse aus Vergleichszwecken durchgeführt) ergibt sich kein signifikanter Trend für den R-Faktor.

Mittlere Regenerosivität in N/h*a

Mittelwert

Trend

Änderung

1973-2022

80,4

 

+44,2

1991-2022

90,4

 

-

Trendbeschreibung

 

  steigender Trend
  fallender Trend
  quadratischer Trend mit Trendumkehr: zuerst fallend, dann steigend
  quadratischer Trend mit Trendumkehr: zuerst steigend, dann fallend
  fallender quadratischer Trend
  steigender quadratischer Trend
  kein Trend

 

Trendbewertung

 
günstige Entwicklung
     
     
 
ungünstige Entwicklung
     
     
 
keine Bewertung der Entwicklung möglich oder gleichzeitig günstige und ungünstige Entwicklungsaspekte vorhanden